Die ersten Treffen, es läuft gut. Zumindest wählt er schon mal nicht die AFD, er steht nicht auf Tierquälerei und die Harry Potter Filme findet er zumindest nicht komplett katastrophal schlecht. Ein guter Anfang. Das könnte funktionieren, denn die Grundansichten auf das Leben gehen nicht gänzlich auseinander. Doch mit der Zeit, je besser man sich kennenlernt, fallen immer wieder Kleinigkeiten auf, die absolut nicht zusammen passen. Und schon kommt man in’s Grübeln. Auf was kann man verzichten und in welchen Punkten muss man darauf bestehen, dass man sich ähnelt?
Auch das Problem des „Seelenverwandten“ bemerke ich immer mehr in unserer Generation. Es muss so viel, wie es nur irgend geht übereinstimmen zwischen den sich liebenden Personen. Denn Liebe allein reicht schon lang nicht mehr aus. Er sollte den gleichen Musikgeschmack haben, auch sein Klamottenstil muss mir gefallen. Seine Freizeit gestaltet er am besten wie ich selbst und er muss meine Freunde genauso lieben wie ich – von meiner Familie ganz zu schweigen. Natürlich sollten sich auch unsere Pläne für die Zukunft ähneln. Und lustig muss er sein! Meine Güte, diesen Anforderungen gerecht zu werden ist wirklich unmöglich. Doch bis zu welchem Punkt ist es in Ordnung, wenn man sich unterscheidet? Ein Sprichwort besagt ja: „Gegensätze ziehen sich an“, doch kann ich das irgendwie nicht mit gutem Gewissen unterschreiben. Klar, Eigenständigkeit und Zeit für sich ohne den Partner gehören zu einer gesunden Beziehung dazu. Aber eben auch die Zeit zusammen. Mit meinem Exfreund ging es mir genau wie beschrieben. Er hatte nur Fußball im Kopf, er wollte über Fußball reden oder mit seinen Jungs Fußball schauen. Ich wollte über meine Zukunft reden, über meine Sorgen und Gedanken. Ich habe sogar versucht, mich für Fußball zu begeistern, doch wollte er mich in dieser Welt gar nicht haben. Egal, wie stark Gefühle dann sind, so etwas kann man nicht zum Guten wenden.
Wie weit können wir es also vertreten, was den anderen von mir selbst unterscheidet? Auf der einen Seite finde ich diese Abwechslung gut, doch auf der anderen ist sie mir fremd und ich wünsche es mir harmonisch. Ich finde auf diese Frage keine Antwort, egal wie lange ich darüber nachdenke. Ja, jedes Paar muss für sich individuell herausfinden, ob es passt und ob man mit den unterschiedlichen Angewohnheiten und Einstellungen umgehen kann. Jedoch fällt mir es immer schwer, eine Grenze zu ziehen. Er mag keine Pasta mit Pesto? Vertretbar. Er tut sich schwer, Teil meines Alltags zu sein? Schon eher schwierig. Also, wo ist diese unsichtbare Linie, die man gemeinsam dann nicht mehr übertreten kann? Ich muss diesen Text mit einer Frage beenden, denn ich habe selbst keine Antwort darauf.
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